Im von einem Bilanzskandal zum Betrugsfall gewachsenen Kriminalfall rund um den Zahlungsdienstleister und – noch – DAX-Konzern Wirecard hat die Staatsanwaltschaft München drei neue Haftbefehle gegen Vorstände des Unternehmens ausgestellt und vollzogen. Das betrifft auch Ex-Chef Markus Braun, der vorerst gegen eine Kaution von fünf Millionen Euro freigekommen war.

Bei den Haftbefehlen gegen ihn und weitere Führungskräfte (darunter ein ehemaliger Finanzvorstand) von Wirecard geht es unter anderem um gewerbsmäßigen Bandenbetrug und Marktmanipulation in mehreren Fällen, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft am Mittwoch in München. Anlass für die Festnahme war nach Angaben der Ermittler, dass die Tatvorwürfe noch einmal "ganz erheblich" erweitert werden mussten. Seit 2015 hätten die drei Manager die Bilanzsumme und das Umsatzvolumen durch das Vortäuschen von Einnahmen aufgebläht. Das habe sich aus der umfassenden Aussage eines Kronzeugen ergeben.

Die Beschuldigten wurden festgenommen

In allen Fällen sei die Haftfortdauer angeordnet worden, sagte die Sprecherin. Die drei Beschuldigten seien in München festgenommen worden, sie hätten sich nicht selbst gestellt. Noch in Untersuchungshaft befindet sich der frühere Chef der Wirecard-Tochtergesellschaft Cardsystems Middle East in Dubai.

Berichte über "streng hierarchisches System"

Aus ermittlungstaktischen Gründen wollte sich die Sprecherin der Anklagebehörde, Anne Leiding, nicht zu Details der Vorwürfe äußern, zeigte sich aber erschüttert über das Ausmaß der vermutlichen Manipulationen. "Auch wir fragen uns, wie ein solches System etabliert werden konnte." Laut Aussagen des Kronzeugen hat bei Wirecard ein streng hierarchisches System mit Treueschwüren gegenüber Braun geherrscht. Über den Aufenthaltsort des weiterhin flüchtigen Ex-Vorstand Jan Marsalek, der in Russland vermutet wird, gibt es keine Erkenntnisse.