Google soll künftig für Verlagsinhalte blechen (Symbolbild: Benjamin Dada/ Unsplash)

Die Europäische Union hat nun im Ringen um die umstrittene Reform des Urheberrechts inklusive Leistungsschutzrecht eine Einigung erzielt. Den Verlagen wird gegenüber Nachrichten-Suchmaschinen wie etwa Google News der Rücken gestärkt, die grossen Internetfirmen stärker in die Pflicht genommen. Die Portale sollen für das Anzeigen von Artikel-Ausschnitten in ihren Suchergebnissen künftig Geld an die Verlage zahlen.

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) begrüssten die Einigung: „Dies ist ein guter Tag für die Meinungs- und Pressevielfalt in Europa und der Welt“, teilten die Verbände mit. Die Reform setze „einen wichtigen globalen Standard für journalistische Vielfalt und unabhängige Berichterstattung.“ Der Verhandlungsführer des Parlaments, Axel Voss (CDU), zeigte sich erleichtert. „Digitaler Urheberrechtsschutz beendet endlich das Wildwest im Internet, bei dem die Rechteinhaber bisher oft untergebuttert werden“, sagte Voss. „Den neuen Realitäten und Geschäftsmodellen des digitalen Zeitalters können wir jetzt gerecht werden.“

Die Piraten-Europapolitikerin Julia Reda warnte hingegen: „Dieser Deal ist eine Gefahr für kleine Verlage, Autoren und Internetnutzer gleichermaßen.“ Und der Verband der Digitalwirtschaft, Eco, mahnte, die Reform werde zum „Hemmnis für die Digitalisierung in Europa“. Der Vorstandsvorsitzende von Eco, Oliver Süme. monierte konkret: „Wir haben lange für ein modernes Urheberrecht gekämpft, das dem digitalen Zeitalter gerecht wird. Bedauerlicherweise wurde die Chance für ein digitaltaugliches Urheberrecht nicht genutzt und die zahlreichen kritischen Stimmen gegen ein europäisches Urheberrecht inklusive Uploadfilter und Leistungsschutzrecht wurden ignoriert. Statt eines fairen Interessenausgleichs haben sich die protektionistischen Bestrebungen durchgesetzt und damit letztlich eine Benachteiligung digitaler Dienste und Geschäftsmodelle. Damit setzt Europa ein klares Zeichen und sagt: Nein zu Innovation und zum technischen Fortschritt. Das novellierte Urheberrecht wird damit zum Hemmnis für die Digitalisierung in Europa." Zur Erinnerung: Mehr als 4,7 Millionen EU-Bürger haben #saveyourinternet, die bisher grösste Petition in Europa, gegen die geplante Urheberrechtsreform unterschrieben.

Die Copyright-Reform war 2016 vom damaligen EU-Digital-Kommissar Günther Oettinger vorgeschlagen worden und soll das Urheberrecht ans digitale Zeitalter anpassen. Monatelang gab es heftige Diskussionen. Lobbyverbände machten Stimmung und warnten vor Zensur, dem Ende des Internets sowie dem Ende der unabhängigen Presse. Google und Wikipedia sprachen sich öffentlich gegen Teile der Reform aus.

Neben der Einführung des Leistungsschutzrechts nimmt die Einigung vom Mittwoch in Artikel 13 auch Plattformen wie Youtube stärker in die Pflicht. Sie müssen künftig alles ihnen Mögliche tun, um Urheberrechtsverletzungen zu verhindern. Geschützte Werke müssten demnach lizenziert werden, bevor sie auf den Plattformen landen - oder dürften nicht hochgeladen werden. Kritiker warnen, dass die Plattformen dadurch gezwungen seien, Uploadfilter einzuführen. Dabei handelt es sich um eine Software, mit der Internet-Plattformen schon beim Hochladen überprüfen können, ob Bilder, Videos oder Musik urheberrechtlich geschützt sind. "Algorithmen sind nicht in der Lage, eine Urheberrechtsverletzung von einer legalen Verwendung von geschützten Werken zu unterscheiden", sagte der SPD-Europapolitiker Tiemo Woelken nach der Einigung vom Mittwoch. "Satire, Parodie oder vom Zitatrecht gedeckte Verwendungen werden fälschlicherweise geblockt werden."

Unternehmen, die jünger als drei Jahre sind, einen Jahresumsatz von weniger als zehn Millionen Euro haben und unter fünf Millionen Nutzer im Monat, sollen von Artikel 13 ausgenommen werden. Das Parlament hatte eigentlich Ausnahmen für alle Unternehmen bis zu einem Jahresumsatz von 20 Millionen Euro gefordert. Startup und Kleinunternehmen sollen so geschützt werden.

Umstritten war auch das Leistungsschutzrecht. Befürworter argumentieren, dass Plattformen wie Google News derzeit gar kein Geld an die Verlage zahlen, obwohl sie grosse Mengen ihrer Nachrichten nutzten. Vor allem kleine Verlage und Nachrichtenseiten äusserten jedoch Bedenken, weil sie auf die Reichweite angewiesen seien. Die Einigung sieht nun vor, dass die Nachrichten-Suchmaschinen weiterhin Hyperlinks, einzelne Worte und sehr kurze Textausschnitte anzeigen dürfen. Das Veröffentlichen von Überschriften oder ganzen Sätzen ist hingegen verboten.

Die Einigung vom Mittwoch muss in den kommenden Wochen allerdings noch vom Parlament und den EU-Staaten bestätigt werden. In den allermeisten Fällen ist das eine Formalität. Weil die Debatte jedoch so aufgeladen ist, könnte die Reform hier allerdings noch scheitern. Stimmen beide Seiten zu, haben die EU-Länder zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in nationales Recht umzuwandeln.



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