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Elektro- und Bioingenieure haben in Hefezellen einen genetischen Schaltkreis geschaffen, der von einem Computer gesteuert und reguliert wird. Die Technik hat grosses Potenzial für biotechnologische Anwendungen.

In der synthetischen Biologie wird derzeit viel mit Licht gearbeitet. So konzipieren Bioingenieure künstliche genetische Netzwerke, die sie mit Licht kontrollieren können. Diese biologischen Schaltkreise bestehen aus logisch miteinander verknüpften Bauteilen – meist verschiedenen Gene und Protein - und werden in lebende Zellen eingebaut. Mit Licht lassen sie sich ein- und ausschalten, weil beispielsweise ein lichtempfindliches Molekül das eingebrachte Gen aktiviert. Der «Output» ist schliesslich ein bestimmtes Protein. So haben Forscher um ETH-Professor Martin Fussenegger vom Departement für Biosysteme (D-BSSE) ein solches lichtempfindliches Gennetzwerk vorgestellt, das sich durch blaues Licht aktivieren lässt und ein Hormon, das Insulin reguliert, produziert.

Eine Schwierigkeit solcher Schaltkreise ist, dass die Produktion des gewünschten Proteins über die Zeit nicht konstant verläuft. Mit einer Computersteuerung haben es nun drei Gruppen des D-BSSE, des Departements Informationstechnologie und Elektrotechnik (D-ITET) und der University of California, San Francisco, geschafft, ein lichtempfindliches Gen-Netzwerk so zu regulieren, so dass es über Stunden hinweg robust «arbeitet» und einen stabilen Ertrag erzielt. Diese Arbeit unter der Leitung der drei PI’s John Lygeros (D-ITET), Mustafa Khammash (D-BSSE) und Hana El-Samad (University of California) wurde vor kurzem in «Nature Biotechnology» vorgestellt.

Das Gennetzwerk, das Hefezellen eingebaut wurde, lässt sich mit Rotlicht ein- und mit einem dunkleren Rot ausschalten. Ist es aktiviert, produziert es ein bestimmtes Protein. Die Produktion dieses Proteins fällt mit der Zeit jedoch ab, wenn kein weiterer Lichtimpuls das entsprechende Gen aktiviert. Hier greift denn auch die Computersteuerung, welche die Elektroingenieure entwickelt haben. Die Software registriert die Gen-Aktivität und vergleicht den Ist-Zustand der Proteinproduktion in der Zelle mit dem im Programm vorgegebenen Soll-Wert. Weicht der Ist-Wert von dem gewünschten vorgegebenem Level ab, berechnet der Computer die nötige Reaktion, um wieder auf dieses Niveau zu gelangen, zum Beispiel welches Licht-Signal erfolgen muss, um die Proteinproduktion anzukurbeln. Dadurch pendelt sich der «Output», sprich das gewünschte Protein, auf einem konstanten Niveau ein.

«Mit unserer Steuerung konnten wir die Synthese des Proteins in den Zellen nicht nur steigern, sondern auch stabilisieren», sagt Mitautor John Lygeros, Professor am ETH-Institut für Automatik. Dadurch arbeite das biologische System robuster und letztlich auch besser.

Hohes Potenzial für Anwendungen

Die Experimente seien für die Studierenden hart gewesen, erinnert sich der ETH-Professor. Seine Studenten hätten sie mitten in der Nacht durchführen müssen, da die manipulierten Zellen unter keinen Umständen ans Licht kommen durften. Die Zellen waren in einer Minidunkelkammer eingeschlossen, in welche die Lichtimpulse abgegeben wurden. John Lygeros sieht für diese Technik grosses Anwendungspotenzial. Der Ansatz könnte in Zukunft dazu genutzt werden, um biologische Vorgänge besser kontrollieren zu können. So werden zum Beispiel für die Produktion von Antibiotika oder Bio-Treibstoffen genetisch veränderte Bakterien eingesetzt, die mit einer externen Steuerung dazu gebracht werden können, mehr Ertrag zu erzielen.

Literaturhinweis:
Milias-Argeitis A et al. In silico feedback for in vivo regulation of a gene expression circuit. Nature Biotechnology; published online 6 November 2011. Doi: 10.1038/nbt.2018