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Ein 3D-Drucker hat ermöglicht, dass erstmals einem Menschen ein Unterkiefer transplantiert werden konnte. Der Eingriff wurde bereits im Juni vergangenen Jahres an einer 83 Jahre alten Frau durchgeführt. Wissenschaftler der Universiteit Hasselt haben die OP jedoch erst jetzt öffentlich gemacht.

Das Transplantat wurde von Layerwise aus Titanpuder hergestellt, erhitzt und mittels Laser Schicht für Schicht zusammengebaut. Die Patientin litt an einer chronischen Knocheninfektion. Ihre Ärzte gingen davon aus, dass ein Eingriff mittels wiederherstellender Chirurgie aufgrund ihres Alters zu riskant sein würde und entschieden sich daher für das neue Verfahren. Das komplexe Implantat besteht aus Gelenken, Aussparungen, die das Muskelwachstum fördern sollen und Rillen, die das erneute Wachstum von Nerven und Venen steuern.

Nach der Erstellung des Entwurfes dauerte der Ausdruck nur mehr wenige Stunden. "Nachdem wir das digitale 3D-Design erhalten hatten, wurde der Kiefer automatisch in 2D-Schichten aufgeteilt, die wir dann durch den Drucker geschickt haben", lässt sich Ruben Wauthle von Layerwise in einem BBC-Bericht zitieren. Für einen Millimeter an Höhe waren 33 Schichten erforderlich.

Nach der Fertigstellung erhielt das Transplantat eine Biokeramikbeschichtung. Die Operation selbst dauerte vier Stunden und damit nur ein Viertel der Zeit, die sonst benötigt worden wäre. Der leitende Operateur, Jules Poukens, berichtet, dass die Frau bereits kurz nach der Operation einige Worte gesprochen habe und bereits einen Tag später wieder schlucken konnte. Nach vier Tagen wurde die Frau entlassen.

Der neue Kiefer wiegt 107 Gramm und ist nur etwas mehr als ein Drittel schwerer als zuvor. Die Mediziner sind jedoch zuversichtlich, dass die Patientin mit diesem zusätzlichen Gewicht gut zurechtkommen wird. Ein weiterer Eingriff soll im Verlauf des Februars stattfinden. Die Ärzte werden für die Heilung notwendige Teile des Implantats entfernen. Eine Zahnbrücke wird nun befestigt. In einem nächsten Schritt folgen dritte Zähne.

Im vergangenen Jahr zeigten Wissenschaftler der Washington State University, dass mit einem 3D-Drucker hergestellte keramische Gerüste für die Förderung des Wachstums von neuem Knochengewebe eingesetzt werden können. Layerwise selbst geht davon aus, dass diese beiden Projekte nur einen ersten Eindruck von den medizinischen Einsatzmöglichkeiten dieses Verfahrens geben.

Laut Wauthle ist das eigentliche Ziel das Drucken von Organen des Körpers. Er räumte allerdings auch ein, dass derartige Forschritte noch weit in der Zukunft liegen. "Es gilt immer noch, biologische und chemische Fragen zu klären. Derzeit nutzen wir für den Druck Metallpulver. Für organisches Gewebe und Knochen würden wir auch organisches Material als ,Tinte' benötigen. Technisch könnte das möglich sein."