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Das Rennen um den ersten praktisch einsetzbaren Quantencomputer biegt langsam in die Zielgerade ein. Während die Forschungsabteilungen namhafter Konzerne wie Microsoft, IBM und Hewlett-Packard bereits seit Längerem mit Hochdruck an der revolutionären Technologie der "Superrechner von morgen" arbeiten, will der US-amerikanische Rüstungs- und Technologiekonzern Lockheed Martin bereits in Kürze zum ersten Unternehmen der Welt werden, das einen Quantenrechner im Rahmen des eigenen kommerziellen Geschäftsfelds einsetzt.

Dort soll er dann beispielsweise die Berechnung verschiedener Simulationen beschleunigen, die bei komplexen Radarsystemen eingesetzt werden.

"Quantencomputer sind nach wie vor ein heisses Thema, das uns sicherlich noch einige Jahre beschäftigen wird", stellt Philip Walther, Leiter einer entsprechenden Forschungsgruppe an der Fakultät für Physik der Universität Wien, klar. Derzeit befinde sich die Entwicklung nämlich noch in den Kinderschuhen. "Im Moment sind wir noch weit davon entfernt, einen universell einsetzbaren Quantenrechner zu haben. Die Universitäten nehmen hier im Bereich der Grundlagenforschung eine Vorreiterrolle ein", ergänzt der Wissenschaftler. Aber auch die grossen IT-Konzerne seien mittlerweile auf den Zug aufgesprungen.

Weiterentwickeltes System

"Wir haben es hier mit einer Revolution zu tun, die jener der ersten Tage von Computern in nichts nachsteht", zitiert die New York Times Ray Johnson, Chief Technical Officer bei Lockheed Martin. Gut zwei Jahre ist es nun her, dass sein Arbeitgeber eine frühe Version eines Quantencomputers von der kanadischen Firma D-Wave Systems erworben hat. Seitdem sei die gekaufte Technologie kontinuierlich weiterentwickelt worden. "Wir sind zuversichtlich, dieses System bis auf einen kommerziellen Level upgraden zu können und als erstes Unternehmen überhaupt einen Quantencomputer praktisch nutzen zu können", gibt sich Johnson optimistisch.

"Wenn es um die Behauptung geht, den ersten praktisch nutzbaren Quantencomputer der Welt zur Verfügung zu haben, muss man sich die Meldungen sehr genau ansehen", meint Walther. Der Physiker der Universität Wien kennt die Entwicklung von D-Wave Systems und weiss um deren konkrete Schwachstellen. "Dieser Computer ist kein echter universeller Quantencomputer. Trotzdem ist es schön zu sehen, mit welchem Engagement in diesem Bereich versucht wird, die Entwicklung voranzutreiben", stellt Walther klar.

Ob und wann Lockheed Martin seinen neuartigen "Superrechner" tatsächlich in Betrieb nehmen wird, steht gegenwärtig noch nicht fest. Auch die genauen Aufgaben, die der Computer erledigen soll, müssen noch definiert werden. "Wir könnten damit etwa neue komplexe Radarsysteme für den Weltall- und Luftfahrtverkehr entwickeln und testen", betont Johnson, der sogar noch konkreter wird: "Damit wäre es möglich, sofort zu berechnen, wie die Millionen von Softwarecode-Zeilen, die ein Satellitennetzwerk steuern, auf einen Sonnensturm oder eine Nuklearexplosion reagieren. So etwas würde derzeit Wochen dauern."