Die Digitalisierung soll mehr geschlechterspezifisch gestaltet werden (Symbolbild: Pixabay/Ernest Eslava)

Der digitale Wandel baut die Gesellschaft um. Männer und Frauen sind davon gleichermassen, wenn auch in unterschiedlicher Weise betroffen. Ist die Digitalisierung eine Chance, bestehende geschlechterspezifische Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt auszugleichen, oder wird sie diese noch verstärken? Ein neues Positionspapier der Eidgenössischen Kommission für Frauenfragen (EKF) fokussiert die Digitalisierung aus dem Blickwinkel der Erwerbsarbeit und benennt einen klaren Handlungsbedarf aus Geschlechterperspektive.

Die Digitalisierung verändert nach Ansicht der EKF nicht nur die Art und Weise, wie wir kommunizieren und konsumieren, sondern sie verlange auch nach neuen Kompetenzen in der Arbeitswelt und verschiebe die Grenzen zwischen Erwerbsarbeit und unbezahlter Care-Arbeit. Der digitale Wandel durchdringe längst zahlreiche Lebensbereiche und habe sich mit der Corona-Pandemie weiter beschleunigt. Die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt nähmen dabei eine zentrale Rolle ein.

In diesem Zusammenhang moniert die EKF, dass der geschlechterspezifische Blick auf den digitalen Wandel bislang vernachlässigt worden sei. Auch in der Strategie "digitale Schweiz" des Bundes würden unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer ungenügend berücksichtigt. Bei vier Themenbereichen bestehe heute besonderer Handlungsbedarf: Es gelte erstens, den Frauenanteil in der Informatik zu steigern, aktuell seien nur 15 Prozent der Beschäftigten Frauen. Das führe dazu, dass digitale Produkte vornehmlich auf Männer ausgerichtet seien. Zweitens müsse Weiterbildung für alle zugänglich sein, unabhängig von Arbeitspensum, Bildungsstand oder Familiensituation. Mit der neuen Normalität des "lebenslangen Lernens" müssten insbesondere auch Teilzeitarbeitende – heute vorab Frauen – besseren Zugang zu Weiterbildungen erhalten. Um Care-Arbeit, Beruf und Weiterbildung zu vereinbaren, gelte es drittens, Risiken des digitalen Wandels zu erkennen und Chancen zu nutzen. Die Home-Office Erfahrungen während der Pandemie müssten evaluiert und Lücken geschlossen werden. Und schliesslich müsse viertens die Plattformökonomie soziale Absicherung garantieren und prekäre Arbeitsbedingungen verhindern. Obwohl in der Schweiz noch wenig verbreitet, würden Frauen mit eingeschränktem Zugang zum Arbeitsmarkt bereits heute in prekäre Plattformarbeit gedrängt.

Die EKF fordere daher den Bundesrat auf, die Strategie "Digitale Schweiz" aus Geschlechterperspektive zu überarbeiten, die zentralen Themen aufzunehmen und Massnahmen für eine geschlechtergerechte Digitalisierung zu ergreifen. Die EKF wolle ihre Forderungen für einen geschlechtergerechten digitalen Wandel auch an der Frauensession vom 29./30. Oktober 2021 einbringen.