Die vier Wirtschaftsminister auf dem Podium: Margarete Schramböck (A), Peter Altmaier (D), Johann Schneider-Amann (CH) und Daniel Risch (FL) (v.l.n.r.) (Bild: ETH Zürich/Oliver Bartenschlager)

Bundesrat Johann Schneider-Ammann hat diese Woche die Wirtschaftsminister Deutschlands, Österreichs und Liechtensteins zum traditionellen Vierertreffen in die Schweiz. Gastgeberin war die ETH Zürich. An einem Podium im Vorfeld tauschten sich am vergangenen Dienstag Studierende mit den Ministern zu den Herausforderungen der Digitalisierung aus.

Im Zuge der Digitalisierung ziehen grosse Firmen Forscher, Erfindungen und Arbeitsplätze aus Europa ab. Was tun die Schweiz und ihre Nachbarn dagegen? Unter anderem darüber unterhielten sich die deutschsprachigen Wirtschaftsminister Europas an der ETH Zürich. Bundesrat und Bildungsminister Johann Schneider-Ammann hatte seine Amtskollegin aus Österreichs und die Amtskollegen Deutschlands Liechtensteins zum traditionellen Vierertreffen in die Schweiz eingeladen.

Den Auftakt für den Anlass bildete ein Podium in der Semper-Aula. ETH-Präsident Lino Guzzella eröffnete mit Zahlen zu Firmengründungen, die aus der ETH-Forschung hervorgingen. In den letzten drei Jahren entstanden so je 25 Spin-offs. "Darunter sind Firmen, die sehr gross werden, aber auch kleine. Allen gemeinsam ist: Es sind wichtige Impulsgeber für die Schweizer Wirtschaft. Wir wollen Arbeitsplätze schaffen, das ist eine unserer Hauptmotivationen", betonte er.

Damit die besten Köpfe und Ideen nicht abwandern, will Bundesrat und Bildungsminister Johann Schneider-Ammann die Schweiz attraktiver machen für Firmengründungen. Eine neue Stiftung unter seinem Patronat etwa soll Jungunternehmern den Zugang zu Risikokapital erleichtern. Schneider-Ammann sagte: "Wir wollen, dass man es hier mit einer Idee aus dem Labor in die Umsetzungsphase schafft und das Geld dafür nicht nur in Kalifornien oder Moskau findet."

Der Wettkampf um die künstliche Intelligenz

Auch der Peter Altmaier, deutscher Bundesminister für Wirtschaft und Energie, betonte die Bedeutung des digitalen Wandels. Dadurch werde neu verteilt, wo auf der Welt die neuen Arbeitsplätze entstehen. Mit vereinten Kräften und staatlicher Unterstützung könnten es europäische Unternehmen schaffen, Anwendungen künstlicher Intelligenz zu entwickeln und weltweit zu vermarkten.

Österreich hat zurzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne. Margarete Schramböck, Bundesministerin für Wirtschaftsstandort und Digitalisierung, sagte, Europa wolle bereits verloren geglaubte Industrien wieder zurückholen. Forschungs- und Bildungsstätten wie die ETH seien dabei Impulsgeber, weil sie Europa mit den nötigen Kompetenzen rund um das Thema Künstliche Intelligenz versorgten. Liechtenstein setzt laut Regierungsschef-Stellvertreter Daniel Risch unter anderem auf eine neue Gesetzgebung für Blockchain-Anwendungen.

Die vier Minister stellten sich auch den Fragen von Informatik-Studierenden. Diese legten den Finger auf ungelöste Probleme. Etwa, wie sich im kleinteiligen Europa die nötige Menge Daten sammeln lasse, ohne dabei das Recht auf persönlichen Datenschutz zu verletzen. Sie stellten zudem in Frage, dass sich Daten wirklich anonymisieren lassen. Und sie fragten, wie Europa die Kräfte bündeln wolle, ohne dabei träge Konstrukte zu schaffen, die das von China und Amerika vorgegebene Tempo nicht mithalten können.

Plädoyer für eine fünfte europäische Freiheit: Freiheit des Datenverkehrs Bundesrat Johann Schneider-Ammann rief zu Eigeninitiative auf. Er vertrete die "Götti-Variante" - Wer eine gute Idee habe, sagte er symbolisch, solle sich damit an einen "Onkel in Amerika" wenden, "dann läuft die Kiste". Er meinte damit nicht amerikanische Grossfirmen, sondern private Geldgeber. Im Gegenzug erwarte er, dass die Talente, die Wertschöpfung und die Arbeitsplätze hierblieben.

Zum Abschluss der Runde plädierte der ETH-Präsident dafür, dass die europäische Staatengemeinschaft zusätzlich zu den vier bestehenden Freiheiten Personen- und Warenverkehr, Dienstleistungs- sowie Kapitalverkehr eine fünfte Freiheit schafft, "und zwar die Freiheit des Datenverkehrs", so Lino Guzzella. "Damit meine ich einen gut regulierten, aber dennoch freien Verkehr von Daten. Ein Ziel wäre unter anderem, in Europa eine kritische Masse von Daten zu erzeugen, die ausreicht, um diese Daten dann auch produktiv zu nutzen." Und bei den Überlegungen zu den wirtschaftlichen Chancen der Digitalisierung sei schliesslich nicht zu vergessen, was am Anfang dieser Dynamik steht: "Grundlagenforschung", so der ETH-Präsident, "und diese muss weiterhin ihrem enormen Stellenwert entsprechend gefördert werden".
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