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Um ihre Logistik zu beherrschen, können jetzt auch KMU verstärkt SCM-Funktionen (Supply Chain Management) aus der Cloud nutzen, die ihnen bislang aus Kostengründen nicht zugänglich waren.

Kleine und mittelgrosse Unternehmen (KMU) werden immer stärker in die globalisierte Wirtschaft eingebunden – gerade auch in der Schweiz. Dies bedeutet, dass sie ihre Logistik im Griff haben müssen, um wettbewerbsfähig bleiben zu können. Beschaffung, Produktion, Lagerhaltung und Distribution müssen deshalb optimal aufeinander abgestimmt sein. Grossunternehmen setzen zu diesem Zweck schon seit längerem professionelle IT-Lösungen für das sogenannte Supply Chain Management (SCM) ein. Diese gewährleisten, dass Aufträge über die gesamte Lieferkette hinweg zeitgerecht ausgeführt werden können. Richtig genutzt sorgt ein SCM-System somit dafür, dass sämtliche Logistik-relevanten Geschäftsprozesse möglichst reibungslos ineinander greifen. Dadurch wird generell die Business-Effizienz gesteigert, was sich in tiefen Lager- und Materialbeständen, kurzen Durchlaufzeiten und einer hohen Liefertreue niederschlägt – Faktoren, die sich positiv auf die Kosten und die Liquidität eines Unternehmens auswirken.

Schluss mit Excel – Zeit für Saas-SCM

Für KMU ist die Krux an der SCM-Sache die, dass die professionellen, ganzheitlichen Lösungen für sie viel zu teuer zu stehen kommen. Nicht nur die Lizenz- und Wartungskosten, sondern auch die Aufwendungen für die IT-Infrastruktur übersteigen in der Regel die finanziellen Möglichkeiten zahlreicher kleinerer Unternehmen. Ausserdem fallen in wochenlangen Einführungsprojekten massenhaft teure Entwickler- und Beraterstunden an, damit die Software mit den Geschäftsprozessen des Unternehmens in Einklang gebracht werden kann. Derart hohe Anfangsinvestitionen können eigentlich nur grössere Firmen aufbringen, was die KMU bislang in eine Zwickmühle brachte: Einerseits sollten sie angesichts des globalen Wettbewerbs so effizient wie nur möglich wirtschaften – aber andererseits können sie nicht von der Leistungskraft professioneller SCM-Lösungen profitieren.

Viele KMU haben deshalb aus dieser Not eine eher zweifelhafte Tugend gemacht und versucht, mit Hilfe von Excel-Tabellen und anderen Office-Hilfsmitteln die Übersicht zu behalten. Auf die Dauer kann sich dies aber kontraproduktiv auswirken und mehr Durcheinander als Durchblick schaffen. Mit Cloud Computing im Allgemeinen und mit SaaS (Software as a Service) im Speziellen bietet sich heute auch für KMU die Möglichkeit, die bislang zu teuren und aufwändigen Funktionen professioneller Business-Software zu nutzen. Das gilt sowohl für ERP-Lösungen (Enterprise Resource Planning) als auch für CRM-Systeme (Customer Relationship Management). Noch entscheidender aber ist, dass die KMU nun erstmals richtig von durchgängigen SCM-Modulen profitieren können. Sie erhalten dabei über gesicherte Internet-Verbindungen Zugriff auf die Software, die von Experten auf der Anbieterseite in Rechenzentren betreut wird. Statt den Betrieb der SCM-Lösung selber sicherstellen zu müssen, zahlen die KMU nutzungsabhängige Gebühren und sparen sich zudem die Anfangsinvestitionen in Software und Hardware. Was sie In-House brauchen, sind eigentlich nur Internet-fähige Arbeitsstationen. Auch Updates und Funktionserweiterungen werden über die Nutzungsgebühren abgegolten. Die laufenden Kosten sind dadurch jederzeit transparent und auch langfristig kalkulierbar. Je nach Bedarf können Endbenutzer zudem flexibel an- oder abgemeldet werden. Diese immens geschmeidige Skalierbarkeit ist einer der wesentlichen Vorteile von Cloud Computing respektive SaaS – sowohl hinsichtlich der Arbeits- und Prozessgestaltung als auch bezüglich Kosten.

Variable statt fixe Kosten

Apropos Kosten: Mit Cloud Computing und SaaS können vormals fixe Kosten teilweise in variable umgewandelt werden. Folglich sinken durch Cloud Computing die aus fixen Kosten resultierenden Markteintrittskosten, was insbesondere für Aktivitäten mit hohem ICT-Bedarf – etwa Speicherung oder Datenverarbeitung – relevant ist. Diese Umwandlung von fixen in variable Kosten ist wiederum insbesondere für diejenigen KMU relevant, für welche die fixen Kosten, die mit der Einführung konventioneller IT-Systeme verbunden sind, bisher ein gewichtiges Hindernis bei der Umsetzung von IT-Lösungen dargestellt haben. Diese Kostenverschiebung ist nicht nur für bestehende KMU äusserst willkommen. Da Cloud Computing zu einer Senkung der Markteintrittskosten überhaupt führt, ist es auch für die Volkswirtschaft als solche attraktiv. Denn tiefere Markteintrittskosten senken die Hemmschwelle zur Gründung einer Firma – vor allem natürlich im KMU-Segment. Es ist daher zu erwarten, dass ein immer breiteres Cloud- respektive SaaS-Angebot von Geschäfts-Software im Allgemeinen und SCM-Lösungen im Besonderen ziemlich direkt einen Schub bei Firmen-Neugründungen zur Folge hat.

Zurück zum SCM-Einsatz aus der Wolke: Bei der Einführung ist es wichtig, dass der Anbieter der SCM-SaaS-Lösung einen Workshop beim entsprechenden KMU durchführt. Dies ist deshalb erforderlich, weil für die Supply-Chain-Planung die Übernahme von Daten wie Lieferantenadressen, Stücklisten, Wiederbeschaffungszeiten sowie Maschinen- und Personalkapazitäten notwendig ist. Im Workshop wird geklärt, wie und aus welchen bislang eingesetzten Software-Paketen die Daten übernommen werden sollen. Da jedes Unternehmen etwas anders plant, ist auch darauf zu achten, dass der SCM-SaaS-Anbieter mit seiner Lösung eine breite Palette bewährter Methoden, Prozesse und Best Practices bietet, die vom KMU als Vorlagen oder Templates benutzt werden können. So lassen sich bereits im Rahmen von Workshops erste Produkte des Unternehmens in die Software-gestützte Planung und Steuerung überführen. Selbst Unternehmen, die über relativ wenig planerische Erfahrung verfügen, können über eine SCM-Cloud-Lösung umgehend die bewährten Methoden von SCM-Spezialisten aus anderen Unternehmen nutzen und dabei ihre Prozess-Qualität und -Stabilität verbessern. Nach dem Beispiel der erstem Planungen im Workshop können sodann sukzessive die übrigen Produkte und Prozesse in die SCM-Lösung übernommen werden.

Fraunhofer-Logistik-Cluster

Dass SCM aus der Wolke als Konzept für alle Beteiligten attraktiv ist, belegt das Engagement, welches das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML diesbezüglich an den Tag legt. Mit dem Innovations-Cluster „Logistics Mall – Cloud Computing für Logistik“ treibt es zusammen mit dem Schwester-Institut für Software- und Systemtechnik ISST die Entwicklung einer Informations- und Lösungs-Drehscheibe voran. Die Logistics Mall realisiert sowohl einen elektronischen Marktplatz für logistische IT-Anwendungen, Dienste und Prozesse als auch kundenindividuell anpassbare Plattformen zur Nutzung des Angebots in der Cloud. In drei Stufen werden Technologie-Komponenten entwickelt, die eine weitgehende Automatisierung der Bereitstellung von Logistik-Anwendungen und -diensten in der Cloud zum Ziel haben. Letztendlich kann ein Unternehmen eine Anwendung in der Logistics Mall mieten, die ihm dann umgehend nutzungsgerecht zur Verfügung gestellt wird.

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Die Lieferkette will optimiert sein (Bild: Fotolia)