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Damit Unternehmen heute am Markt kundenzentriert, schnell und smart agieren können, muss Technologie nach Ansicht von Michael Nösges agil, rasch verfügbar und schnell ausrollbar sein. Im Interview mit ICTkommunikation erläutert der Vice President Switzerland & Austria bei Salesforce unter anderem, warum CRM im Softwarebereich noch über Jahre hinweg die höchsten Zuwächse verzeichnen wird und wie Salesforce künftig verstärkt Künstliche Intelligenz in der Interaktion zu den Kunden zum Einsatz bringt.

Interview: Karlheinz Pichler

ICTkommunikation: Was beschäftigt Unternehmen im Zusammenhang mit der digitalen Transformation aus der Sicht eines CRM-Spezialisten aktuell am meisten?

Michael Nösges: Die Firmen stehen vor grossen Veränderungen respektive Herausforderungen und sie fragen sich einerseits, wie man sich als Unternehmen bei solchen Herausforderungen aufstellt und andererseits, wie man diese Chancen der Veränderungen nutzen kann. Man spürt auch eine gewisse Verunsicherung über alle Hierarchieebenen hinweg. Es gibt jedenfalls keine bestimmte Berufsparte, die genau weiss, wo es langgeht und jedes Unternehmen geht damit anders um. Einige preschen stark nach vorne und andere machen gar nichts. Was die digitale Transformation, oder wie wir sie nennen "die 4. Industrielle Revolution", tatsächlich bedeutet, muss sich jedes Unternehmen für sich selber stellen, und zwar aus ganzheitlicher Sicht: Verändert sich das Business-Modell? Wenn ja in welche Richtung? Gibt’s mich noch in fünf Jahren oder werde ich disruptiert? All diese Fragen müssen von den einzelnen Unternehmen je nach „Maturitätsgrad“ angegangen und beantwortet werden.

ICTkommunikation: Was gut für Salesforce ist? Michael Nösges: Wenn es Richtung Kunde und Kundeninteraktion geht, kann natürlich Salesforce eine sehr gute Hilfestellung geben mit all unserer Erfahrung und unserem Produktportfolio. Wir denken, dass wir mit unserem Lösungsportfolio genau da stehen, wo sich für die Unternehmen momentan die grössten Veränderungen ergeben, also bei der Schnittstelle zum Endkunden, sei es im B2B- oder im B2C-Bereich.

ICTkommunikation: Digitec Galaxus hat kürzlich eine bei der GFK in Auftrag gegeben Studie veröffentlich, die belegt, dass in den letzten drei Jahren das Shopping per Handy sehr stark zugenommen hat ... Michael Nösges: Wir sehen, dass der Kunde durch die Möglichkeiten, die er hat, sein Verhalten sehr schnell ändert. Wir gehen als Individuen ganz anders mit Technologien um, als noch vor drei bis vier Jahren. Wer also Online-Handel am besten und schnellsten anbietet, hat daher die besten Chancen am Markt. Die Geschwindigkeit der Veränderung des Kundenverhaltens und auch der Kundenloyalität ist schon auffällig. ICTkommunikation: Bei Ihnen ist die Bandbreite an Kunden enorm. Wenn sich beispielsweise in der Autoindustrie die Produktionstechniken verändern, so hat dies grosse Auswirkungen auf die gesamte Logistikkette. Auf die Zulieferer, die Zulieferer der Zulieferer, bis zu den Endkunden. Michael Nösges: Genau, und was uns auch auffällt, ist die Übertragung der privaten Erfahrungen, die ein Individuum macht, auf das Business: Wenn ich also privat gewisse digitale Erfahrungen mache und ich bin dann in meinem Business-Kontext, dann erwarte ich eigentlich den gleichen Service wie von der App XY. Daher gibt es im Gesamtsystem grossen Druck von allen Seiten. Jede Digitec-Erfahrung hat daher auch einen Einfluss auf das Bestellverhalten bei der ABB, weil es sich um dieselben Individuen handelt. Das ist ganz anders als früher, als man einfach einen Computer und eine Applikation hatte, und in zwei bis drei Jahren ist dann die nächste Version gekommen. Heute trifft uns die Innovation im Monats-, Wochen-, Tages- oder gar Stundentakt. ICTkommunikation: Ist die ABB ein Kunde von ihnen? Michael Nösges: ABB ist einer von unseren weltweit 150'000 Kunden. Bei ABB setzt die gesamte Vertriebs-, Service- und Marketing-Mannschaft auf Salesforce Tech. Das ist sehr transformativ für ABB, denn sie hat plötzlich alles auf einer Plattform und kann dies direkt und durchgängig bedienen. Am Salesforce Basecamp Event am 5. Juli in der Samsung-Halle in Dübendorf wird übrigens Sabine Busse von ABB auch eine Keynote zu diesem Thema halten. ICTkommunikation: Sehen sie in der Schweiz Branchen, in denen die Digitale Transformation besonders fortgeschritten ist? Michael Nösges: Prinzipiell gibt es in jeder Branche Veränderungen. Es gibt keine, die davon ausgenommen ist. Aber aktuell sind sicher diejenigen Branchen, die unmittelbar im Kontakt mit Endkunden stehen, den Veränderungen am stärksten ausgesetzt. Im Handel oder in der Versicherungsbrache etwa sehen wir sehr starke Veränderungen in Bezug auf die Bedürfnisse und Anforderungen der Endkunden. Das führt natürlich dazu, dass sich die entsprechenden Unternehmen verändern oder dass es entsprechende neue Player (Disruptoren) auf dem Markt gibt, die die Dinge plötzlich ganz anders machen. Unternehmen wie etwa Wefox im Versicherungsumfeld oder Zalando und Digitec im Handel tragen stark zur Veränderung des Kaufverhaltens oder des Marktes bei.

ICTkommunikation: Salesforce hat ja von Beginn an ein „On-Demand“-Konzept verfolgt. Entpuppt sich dies nun zum grossen Vorteil? Denn Oracle, SAP und viele andere forcieren massiv das Cloud-Business. Das bringt zwar viel Konkurrenz, puscht aber auch massiv das Geschäft und bringt zusätzliches Potential. Und Salesforce wächst in diesem Szenario offenbar wesentlich stärker als die anderen. Michael Nösges: Salesforce bietet seit Tag eins Software-as-a-service, wie wir in unserem Sprachgebrauch sagen. Schon im Jahr 1999, als die Firma gegründet wurde und noch niemand über Cloud sprach, hat Salesforce das Delivery-Modell Cloud von Tag eins an gewählt. Heute, 19 Jahre später, ist die Entscheidung für oder gegen die Cloud eigentlich durch, es geht nur noch um das "wann“. Die massgeblichen Dinge sind in der Cloud. Das heisst jeder Cloud-Anbieter in der Vergangenheit hat Salesforce geholfen, die Akzeptanz zu fördern. Haben wir vor vier, fünf Jahren darüber diskutiert, "Warum Cloud?“, so diskutiert man heute darüber „Warum Salesforce“?

ICTkommunikation: Wie muss Technologie heute konkret aussehen, damit ein Unternehmen kundenzentriert, schnell und smart am Markt gewinnen kann?

Michael Nösges: Technologie muss heute agil sein, schnell zur Verfügung stehen, man muss sie schnell ausrollen können. Um was für Art von Technologie es sich dabei handelt, dazu müsste ich weiter ausholen....

TECHNOLOGIE MUSS HEUTE AGIL SEIN, SCHNELL ZUR VERFÜGUNG STEHEN, MAN MUSS SIE SCHNELL AUSROLLEN KÖNNEN! (Michael Nösges)

ICTkommunikation: Zwischenfrage: Auf einer Kundentagung von SAS, der kürzlich im Zürcher Dolder Grand über die Bühne ging, präsentierte sich eine holländische Firma, die Scisports. Die erstellen Fussballerprofile. Wenn also zum Beispiel Real Madrid spielt, haben die etwa 30 Kameras im Stadion aufgehängt, die jeden Spieler verfolgen. Sie zeichnen an die 30 bis 40 Bewegungsmuster von jedem Spieler auf und sammeln solcher Ort rund 18 TByte an Daten. Das machen sie bei anderen Spielen in anderen Ländern auch und erstellen so aufgrund der errechneten Wertungszahlen eine weltweite Rangliste mit dem aktuellen Potential und den künftigen Möglichkeiten eines Spielers. Sucht nun ein Verein zum Beispiel einen Libero, so kann er auf Knopfdruck einen Kandidaten mit dem richtigen Preis-Leistungs-Verhältnis ordern. Das ist ein typisches Beispiel dafür, dass sich Data Analytics immer mehr auch draussen, an der Kante, und nicht mehr im Rechenzentrum abspielt.

Michael Nösges: Richtig. Und das ist für mich – vielen Dank für die Einleitung – genau der Punkt. Man muss sich überlegen, wo Technologie heute eingesetzt wird. In der Vergangenheit war es beispielsweise so, dass Firmen sehr, sehr stark auf ihre eigenen Prozesse fokussiert waren. Also ist man daran gegangen, die Logistik zu optimieren, die Produktion, das Produkt. Alles mit entsprechender Technologie und Beraterstäben. Und diese internen Prozessabläufe funktionieren denn auch, ob dies nun HR-Systeme oder die Finanzbuchhaltung ist.

Aber ab dem Zeitpunkt, da man sich mit externen Dingen beschäftigt, mit Partnern, mit Kunden, ab da muss die eingesetzte Technologie schnell und agil sein. Und zwar nicht vom Selbstzweck her, sondern weil das Individuum, welches man adressiert, heute noch nicht genau weiss, was es nächstes Jahr anders machen wird. Aber es wird etwas anders machen, weil es die Technologie dazu ermöglicht. Ich glaube, es ist wichtig, dies zu verstehen, wenn man Projekte aufsetzt: Wo muss ich agil sein? Und wo habe ich andererseits aber vielleicht in der IT einen Fünfjahresplan, in dem festgelegt wird, welche Systeme in diesen nächsten fünf Jahren optimiert oder abgelöst werden. Ich kann heute jedenfalls nicht alles über den Haufen werfen, nur weil ich mich jetzt der Digitalen Transformation befinde. Man muss sich genau überlegen, was sich durch ein Projekt für die Kunden, die Partner, die Nutzer, die Mitarbeiter ändert. Wir reden da auch sehr gerne von der „IT der zwei Geschwindigkeiten“. Diesen Front-End-Bereich, oder wie Sie da gesagt haben, die Aktivität „an der Kante“, da muss ich schnell sein, da muss ich auch eine gewisse Fehlermentalität tolerieren, da muss ich Dinge ausprobieren, da muss ich mit Piloten arbeiten, schnell sein, agil sein, auch im Kopf, nicht nur in der IT. Da darf ein IT-Projekt nicht eineinhalb Jahre dauern. Das funktioniert höchstens bei einem internen Prozess.

ICTkommunikation: Wenn wir grad bei der Technik sind: Bei dieser Scisports etwa, da spielt Künstliche Intelligenz eine zentrale Rolle. Aber bei Salesforce momentan offenbar auch. Wenn man etwa die Übernahme von Metamind und die KI-Partnerschaft mit IBM anschaut, könnten Sie da vielleicht skizzieren, wohin Salesforce mit diesen Technologien im CRM-Bereich hinzielt?

Michael Nösges: In Bezug auf CRM möchte ich zunächst vorausschicken, dass der richtige Begriff dafür aus unserer Sicht "Engagement“ lautet. Es geht als nicht nur um Relation und Sales Automation, sondern überall dort, wo ein Unternehmen mit seinen Endkunden in Kontakt tritt, ist Salesforce zuhause. Egal ob dies nun im Marketing, im Sales, im Service, im Aftersales Service, auf der Website, im E-Commerce oder über eine App der Fall ist. Überall dort bietet Salesforce Lösungen für Unternehmen in der Interaktion mit dem Endkunden an. Künstliche Intelligenz – Artificial Intelligence – ist etwas Elementares im Innovationsdenken von Salesforce. Und es ist bei uns auch nicht nur irgendeine Initiative, irgendein Produkt, irgendeine Ausprägung, sondern künstliche Intelligenz findet bei uns in all den genannten Themen statt. Also beispielsweise hilft künstliche Intelligenz Vertriebsmitarbeitern beim Cross- und Up-Selling. Was ist the next best offer für meinen Kunden in diesem Setup, basierend auf all den Daten, die zur Verfügung stehen. Wenn der Mitarbeiter neu ist oder eine Sache noch nie verkauft hat, kriegt er jetzt plötzlich eine geführte Hilfestellung für die nächsten Schritte. Oder es kommt eine Serviceanfrage, dann kann Künstliche Intelligenz hier "the next best action“ vorschlagen, basierend auf all den Daten, die bereits vorhanden sind. Oder man kann dem Menschen vor Ort oder dem Call-Center-Mitarbeiter oder dem Service-Angestellten in Sekundenschnelle unter die Arme greifen. Wieder im Sinne des Endkunden. Oder ein Beispiel aus dem Marketing: Wenn ich Newsletter versende, weiss ich mit Hilfe der KI, ob eine Person den Newsletter morgens, mittags oder abends öffnet, ob sie sie liest, ob sie währenddessen im Zug sitzt und es sich überhaupt lohnt, diesen Typ Kunden auf diesem Kanal zu adressieren.

Es ist wichtig zu verstehen, wie Salesforce das Thema Künstliche Intelligenz step by step tief in die Produkte integriert. Die Akquisition von Metamind war nur eine von mehreren über die letzten drei, vier Jahre. Weil es natürlich in den unterschiedlichen Disziplinen unterschiedliche Skills braucht. Man kann nicht mit einer Akquisition das Thema Künstliche Intelligenz allumfassend abhaken. Wir sind da ganz am Anfang und das wird uns auch weiter beschäftigen. Salesforce investiert in dem Bereich stark, weil wir davon überzeugt sind, dass das Thema dem Nutzer in dem Unternehmen dann auch im Sinne des Endkunden Hilfestellung gibt.

DER RICHTIGE BEGRIFF FÜR CRM LAUTET AUS UNSERER SICHT "ENGAGEMENT"! (Michael Nösges)

ICTkommunikation: Für Künstliche Intelligenz gibt es ja, wie sie selber sagen, viele Möglichkeiten. In der Robotik zum Beispiel haben etliche Wissenschaftler auch Bedenken vor einer möglichen Entfesselung von Künstlicher Intelligenz. Kann man das in ihrem Bereich unter Kontrolle halten? Ich meine, wenn sie etwa genau wissen möchten, ob jemand den Newsletter gelesen hat, so geht das natürlich schon sehr stark in den Datenschutz hinein.

Michael Nösges: Natürlich. Es wird natürlich immer vorausgesetzt, dass der Endkunde diesem Handeln zugestimmt hat. Es ist wichtig, dass für den gesamten Datenverkehr und die Technologien Regulierungen nötig sind. Auch für die Politik und die Gesellschaft ist dies ein neues Thema. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Artificial Intelligence, Risiko, Gefahr, Kontrollmöglichkeiten, - ich glaube, jede neue Technologie wirft Fragen auf, hat Risiken, hat auch Chancen und braucht in irgendeiner Form auch Kontrolle und Regulierung. Und diese wird es mit Sicherheit auch geben, da bin ich mir ganz sicher. Aber ich glaube, das war auch schon vor hundert Jahren so. Als in Zürich etwa die ersten Autos fuhren, da ist zunächst auch jeder so gefahren, wie er wollte. Die Strassenverkehrsordnung mit der Vielzahl von Regelungen ist erst sukzessive entstanden. So ist es auch jetzt. Man muss die Themen adressieren und in Parlamenten und in Regierungen das entsprechende Knowhow aufbauen, um dann in der Lage zu sein, Richtlinien entsprechend um- und durchzusetzen.

ICTkommunikation: Salesforce hat ja selber eine Studie in Auftrag gegeben, da sagen 54 Prozent der Befragten Sales-Teams, dass sie bis 2020 AI-Technologie einsetzen wollen. Das bestätigt in dem Sinn auch, was sie gesagt haben. Aber noch zu Metamind und IBM. Gibt es da schon konkrete Lösungen, die in Salesforce-Produkte eingeflossen sind?

Michael Nösges: Es gibt die Zusammenarbeit zwischen Watson und zwischen Salesforce, und es gibt konkrete Entwicklungen. Manche sind noch nicht öffentlich, andere stehen schon zur Verfügung. Und es gibt auch schon erste Kunden, wie zum Beispiel Autodesk, die quasi gemeinsam Watson und Salesforce Service-Cloud-Technologie – oder Einstein, wie das bei uns heisst - entsprechend kombiniert haben.

ICTkommunikation: Am 5. Juli findet ja in der Dübendorfer Samsung Hall der diesjährige „Salesforce Basecamp Event“ statt. Werden Sie da solche KI-Szenarien präsentieren?

Michael Nösges: Wir werden sicher das Thema Artificial Intelligence in allen Ausprägungen positionieren. Eine spezifische Watson und Salesforce Applikation haben wir aber noch nicht im Programm. Die Zusammenarbeit zwischen Salesforce und IBM läuft aber mit hoher Intensität.

ICTkommunikation: Früher wurde CRM immer im Zusammenhang mit Marketing genannt und vom technologischen Anspruch her nicht so hoch bewertet. Aber jetzt werden die Technologien immer zentraler und CRM oder Engagement ein hochkomplexes Thema. Muss der Sales-Mitarbeiter der Zukunft ein Informatiker sein?

Michael Nösges: Das erinnert mich an die ähnliche Frage, ob ein Business Decision Maker heute ein ITler oder Technologe sein muss. Natürlich muss es kein IT-Spezialist sein, aber er muss sich mit der Thematik zumindest auseinandersetzen. Vielleicht nicht der Sales, aber doch der Global Sales Manager oder CMO so wie auch der COO. Es muss aus meiner Sicht zumindest das Verständnis da sein oder aufgebaut werden, welche Rolle die Technologie in einem bestimmten Business-Umfeld spielt und welche Veränderungen die Technologie mit sich bringt. Wenn ein CEO eines Unternehmens keine Vorstellung von den Chancen, Möglichkeiten, Risiken und Wettbewerbskonsequenzen hat, die sich aus dem Einsatz von Technologie ergeben, und meint, mit der Einstellung eines Chief Digital Officers zusätzlich zum CIO sei die Sache getan, so ist dies sicher nicht der richtige Weg. Man muss zwar nicht Spezialist sein, aber einen groben Überblick über den Zusammenhang zwischen Technik und Business bleibt auch einem CEO nicht erspart. Dabei ist es völlig egal, ob es sich um ein Handelsunternehmen, eine Migros oder ein Coop handelt, um einen Technologiekonzern wie ABB bin, oder einfach nur um einen Turnschuhhersteller. Man muss sich mit den neuen Technologien auseinandersetzen. Auch in der Geschäftsleitung, das ist essentiell. Wenn man versucht, dies zu delegieren, sei es intern oder extern, so ist dies für jedes Unternehmen eine verpasste Chance.

ICTkommunikation: Das heisst, dieser Transformation Officer ist das Bindeglied zwischen IT-, Sales- und Kundenmanagement-Abteilung?

Michael Nösges: Für mich ist der CEO der erste Transformation Officer, weil dieser sein Unternehmen in die Zukunft führen muss. Mit allem was es dazu braucht. Und wenn er selber das Knowhow dazu nicht hat, macht er genau das gleiche wie in der Vergangenheit: Er holt sich die Expertise dazu. Ich meine, der CEO war vor 20 Jahren auch nicht der Experte in der Logistik-Optimierung. Aber er hat gewusst, ich muss meine Logistik optimieren, ich muss eine just-in-time-Delivery hinbekommen, um in meinem Business wettbewerbsfähig zu sein. Und ich glaube die gleiche Aufgabenstellung hat er heute auch. Nur ist der Hebel dann eben nicht eine Prozessverbesserung, sondern der Einsatz von Technologie, speziell im Umfeld des Endkunden oder des Kunden. ICTkommunikation: Wenn man nun die Schweiz ins Spiel bringt: Wie läuft der Vertrieb in der Schweiz? Wie ist das neue Jahr angelaufen – auch im Zusammenspiel mit ihren Partnern?

Michael Nösges: Salesforce macht keine spezifischen Angaben zu einzelnen Ländern oder Produkten. Nur soviel: Die Schweiz ist ein Teil von Emea (Anm.: Europa, mittlerer Osten, Afrika) und Emea war sowohl im vergangenen Jahr und auch jetzt im ersten Quartal 2018 die schnellst wachsende Region innerhalb von Salesforce. Und die Schweiz mit ihren grossen, multinationalen Accounts wie ABB, Nestle, Novartis, Roche – alles grosse Salesforce Kunden – ist natürlich ein zentrales Standbein.

Das Thema Partner ist für uns – wie wahrscheinlich für viele IT-Anbieter, aber für uns im speziellen – essentiell. Weil erst der Partner aus Technologie eine Endkundenlösung macht. Natürlich ist durch den Cloudservice schon sehr, sehr viel vorkonfiguriert, aber die Anbindung an die Backendsysteme beispielsweise, die Automatisierungsprozesse, die Workflows, die dann entsprechend kundenindividuell gestaltet werden, obliegen natürlich dem Partner. Darum sind diese für uns in der Zusammenarbeit enorm wichtig.

ICTkommunikation: Sind die Partner auch bei den multinationalen Konzernen mit im Spiel, oder werden diese direkt betreut?

Michael Nösges: Es gibt keine Kundeninstallation ohne entsprechenden Implementierungspartner.

ICTkommunikation: Die Integration wird also grundsätzlich immer von einem Systemhaus durchgeführt?

Michael Nösges: Grosse, multinationalen Konzerne arbeiten in der Regel dementsprechend auch mit grossen, multinationalen Partnern zusammen. Ein kleineres oder mittleres Unternehmen wählt eher einen Schweizer Partner, einen lokalen, den es schon aus anderen Projekten kennt. Aber auch hier kann man sich am 5. Juli ein Bild machen. Da haben wir nämlich 17 Salesforce Partner in der Samsung Hall, und diese 17 Partner stellen gemeinsam mit den Endkunden die entsprechenden Lösungen vor. Das ist eine hervorragende Möglichkeit, sich sehr konzentriert an einem Tag über unsere neuesten Referenzen und unsere neuesten Technologien unter Einbindung der Partner vor Ort zu informieren. ICTkommunikation: Sind da ausschliesslich Schweizer Referenzkunden oder auch internationale vor Ort?

Michael Nösges: Auf der Bühne haben wir nur Schweizer Kunden, aber im einen oder anderen Video zeigen wir auch internationale Kunden, wie beispielsweise Adidas, das den ganzen Commerce-Verkehr über Salesforce-Technologie abbildet. Und bei Adidas kann man sich gut vorstellen, was für ein Volumen da weltweit dahintersteckt.

Salesforce ist in Dübendorf zwar der Host, aber es geht darum, von Kunden zu lernen, wie sie die Digitale Transformation mithilfe von Salesforce und den entsprechenden Partnern angehen. Ich glaube, dass es wichtig ist, eine Plattform zu schaffen, wo Kunden und Partner offen über ihre Erfahrungen reden. ICTkommunikation: Wie viele Besucher erwarten sie? Michael Nösges: Wir hatten letztes Jahr 1'400 Anmeldungen und erwarten, dass dieses Jahr noch einige dazukommen. ICTkommunikation: Wo sehen sie für Salesforce und ihre Kunden mittelfristig die grössten Herausforderungen in der Schweiz? Michael Nösges: Wie für viele andere Unternehmen, stellt das Thema Fachkräfte für uns eine wesentliche Herausforderung dar. Für uns umso mehr, als wir so stark wachsen. Was wir sehen ist, das CRM das schnellst wachsende Softwaresegment ist, welches es in der Industrie gibt. Und gemäss Gartner wird das Wachstum in diesem Bereich auch die nächsten vier, fünf Jahren ungebremst weitergehen. Es hört sich vielleicht als Luxusproblem an, das ist es aber nicht: Im Wachstum jeden neuen Mitarbeiters so auszubilden und aufs Gleis zu setzen, dass er schlussendlich unseren Kunden beziehungsweise Endkunden entsprechend helfen kann, das ist für uns eine der schwerwiegendsten und grössten Herausforderungen. ICTkommunikation: Müssen neue Mitarbeiter einzelne Stationen durchlaufen, gibt es so eine Art Rotationsprinzip bei Salesforce?

Michael Nösges: Eine wesentliche Ausprägung des Onboardings und dieses Wachstum stellt unsere E-Learning-Plattform dar. Sie heisst „Trailhead“, und wir stellen diese auch unseren Kunden zur Verfügung. Wir haben ja X Produkte, und wir haben sehr viele Mitarbeiter. Es treten häufig ähnliche Fragestellung auf. Mit den E-Learning-Möglichkeiten, Gamifications, mit Badges, mit Tracking, mit entsprechenden Auszeichnungen etc. kann beim Onboarding bereits sehr viel erreicht werden. „Trailhead“ ist hier ein super Repository, in dem alles über Sales Cloud, Service Cloud, Marketing Cloud, Commerce Cloud erfahren kann. Videos, Kundenbeispiele und Referenzen veranschaulichen dies sehr eindrücklich.

Und auf der andren Seite erhält Salesforce durch das E-Learning natürlich auch die Möglichkeit, die Fortschritte Mitarbeitenden zu überprüfen und einzusehen, ob sie ihre entsprechenden Trainings absolvieren. Und wir erhalten ein direktes Feedback darüber, wie das Training verbessert werden könnte.

Grundsätzlich muss jeder Mitarbeiter die Chance haben, gleich gut und gleich schnell in die Materie hineinzuwachsen. Technologie als Enabler für neue Mitarbeiter sozusagen. Das gilt auch für die Partner, die ihrerseits ihre Contents, ihre Handbücher, ihre Videos auf diese Plattform für die Ausbildung ihrer eigenen Mitarbeiter packen können.

ZUR PERSON Als Regional Vice President Schweiz & Österreich bringt Michael Nösges seine mehr als 18-jährige Erfahrung in diversen IT-Unternehmen und seine Management-Kompetenzen täglich ein. Er kam Anfang 2015 als Regional Vice President zu Salesforce und leitete das Service Cloud-Geschäft für die DACH-Region. Seit Februar 2016 ist er für das Salesforce-Geschäft in der Deutschschweiz und für Grosskunden in Österreich verantwortlich und hat die Akquisition von Neukunden und den Ausbau des Geschäfts in der gesamten Region massgeblich unterstützt. www.salesforce.com