Sage-Schweiz-Chef Thomas Hersche (Bild: zVg)

Corona-Krise, Umstieg auf ein reines SaaS (Software as a Service) Betriebsmodell, Personalrochaden im Management, neues Partnerkonzept: Bei der auf Unternehmenssoftware für KMUs (kleine und mittlere Firmen) fokussierten Sage Schweiz ist momentan viel im Umbruch. Interims-Country-Manager Thomas Hersche gibt im Gespräch mit ICTkommunikation einen aktuellen Einblick in das strategische Vorgehen der Abacus-Konkurrentin.

Interview: Karlheinz Pichler

ICTkommunikation: Sie haben die interimistische Führung bei Sage Schweiz mitten in Zeiten der Corona-Krise übernommen. Ist es Ihnen dennoch gelungen, Ruhe in das Unternehmen zu bringen, respektive wie konnten Sie die Firma auf den Wechsel an der Spitze und die Pandemie-bedingten organisatorischen Veränderungen einstimmen?

Thomas Hersche: Wir waren aus zwei Gesichtspunkten gut auf die Krise vorbereitet: Wir haben eine klare Strategie, die wir weiterführen. Der Fokus auf die drei zentralen Themen Kundenerfolg, Mitarbeitererfolg und Innovation begünstigte die rasche organisatorische Anpassung an die entsprechenden Pandemie-Massnahmen. Betrachtet man den Mitarbeitererfolg, dann haben wir viel in das Thema Work-Life-Balance investiert, unter anderem, indem wir unseren Hauptsitz modernisiert haben, aber auch dadurch, dass wir unseren Mitarbeitenden in allen Abteilungen schon früh ermöglicht haben, im Homeoffice zu arbeiten. Als der Bundesrat zusammen mit dem Bundesamt für Gesundheit den Lockdown verkündete, waren alle unsere Büros innerhalb von zwölf Stunden leer und die Mitarbeitenden im Homeoffice.

ICTkommunikation: Die obligatorische Frage dazu: Gehört Sage Schweiz zu den Gewinnern oder Verlierern der Corona-Krise?

Thomas Hersche: Ich denke, dass wir uns auf lange Sicht zu den Gewinnern zählen dürfen. Wir haben zwar einerseits Kunden, die wurden mit voller Härte von der Krise getroffen und haben dementsprechend ihre Projekte verschoben. Andererseits haben gerade kleinere Unternehmen die Zeit genutzt, um in die Digitalisierung ihrer Wertschöpfungsprozesse zu investieren. Auch haben viele Unternehmen an den Vorteilen der Digitalisierung geschnuppert und dürften eher bereit sein, in diesem Bereich zu investieren.

ICTkommunikation: Wie haben Sie das eigene Unternehmen während des Shutdowns auf Kurs gehalten?

Thomas Hersche: Wir haben den Draht zu Mitarbeitenden, Business Partnern und Kunden verstärkt. So haben wir unter anderem die Frequenz der internen Kommunikation stark erhöht und zum Beispiel ein wöchentliches virtuelles Meeting für alle Mitarbeitenden initiiert, an dem wir Informationen aus der Geschäftsleitung teilen und Fragen beantworten. Eine Massnahme, die wir auch in der Zeit nach dem Shutdowns weiterführen werden. Zudem haben wir das Angebot an Online-Hilfen ausgebaut und den Support hochgefahren, um die Unsicherheit der Kunden abzufangen.

ICTkommunikation: Musste Ihr Unternehmen während der Corona-Krise bei Kunden ab und zu Feuerwehr spielen?

Thomas Hersche: Die Corona-Krise hat unsere Kunden mit ausserordentlichen Themen wie Kurzarbeit oder Arbeitslosengelder konfrontiert. Da sind wir eingesprungen und waren in der Rolle als Berater und Problemlöser sehr stark in die operativen Prozesse unserer Kunden involviert. Gewisse Kunden wollten dann auch lieber gestern als morgen in die Cloud wechseln, um ihr Business remote betreiben zu können. Auch in solchen Fällen haben wir nach Kräften unterstützt, um dies zu ermöglichen.

ICTkommunikation: Bereits Ihr Vorgänger hat angekündigt, Sage zu einem SaaS-Anbieter umzukrempeln. An welchem Punkt steht Sage aktuell in dieser Hinsicht? Ist Sage nicht relativ spät auf diesen Zug aufgesprungen?

Thomas Hersche: Die Vision, ein SaaS-Unternehmen zu werden, kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Eine von Sage im letzten Jahr in Auftrag gegebene Studie hat gezeigt, dass 70 Prozent der befragten Schweizer Unternehmen in digitale Kompetenzen investieren wollen. Damals waren aber erst 30 Prozent auf einer Cloudlösung und nur 26 Prozent planten Investitionen innerhalb der nächsten zwei Jahren. Beide Werte dürften sich vor dem Hintergrund der aktuellen Situation bereits verschoben haben. Wir spüren, dass das Thema SaaS an Fahrt gewinnt, weil die Wertschöpfungsketten unserer Kunden immer mehr davon abhängen. Deshalb richten wir unsere Produkte und Dienstleistungen noch stärker darauf aus. Im vergangenen Geschäftsjahr haben wir den Fokus bewusst auf die Nachhaltigkeit unseres Kerngeschäfts gelegt, da wir uns langfristig zu einer "SaaS-Company" entwickeln. Aktuell haben wir bei Sage eine Phase der Modernisierung und Konsolidierung abgeschlossen und sind nun in der Vorbereitung des Geschäfts und des Ecosystems auf den Übergang zu SaaS in der Schweiz.

ICTkommunikation: Wie wirkt sich dieser Wandel zum SaaS-Modell für die Partner aus? Ziehen diese voll mit?

Thomas Hersche: Es entstehen neue Geschäftsfelder und die Partner erhalten neue Möglichkeiten, sich selbst und ihre Dienstleistungen zu positionieren. In den Köpfen vieler Unternehmerinnen und Unternehmer vollzieht sich gerade eine Mindset-Änderung in Bezug auf Cloud-Technologien und Abo-Modelle. Sie erkennen die Vorteile, welche die Digitalisierung ihres Geschäfts mit sich bringt. Dies ist eine grosse Chance für uns und unser gesamtes Ecosystem. Natürlich gibt es auch Partner, die das neue Geschäftsmodell von Sage nicht übernehmen möchten und sich deshalb zurückziehen. Solche Fluktuationen sind schade, aber normal.

ICTkommunikation: Wie sind Sie mit dem Partnergeschäft generell zufrieden? Sind Sie auf der Suche nach zusätzlichen neuen Partnern? Gibt es dafür spezielle Anreize?
Thomas Hersche: Unser Partnernetzwerk ist in der Schweiz breit aufgestellt, nun wollen wir qualitativ weiterwachsen. Deshalb haben wir das weltweite Sage Partner Programm helvetisiert und sind nun dabei, dieses auszurollen. Es stellt bestehenden und neuen Partnern die adäquaten Rahmenbedingungen für ein gemeinsames Wachstum und damit eine profitable Zukunft bereit. Dank dem neuen Programm werden wir den zukünftigen Marktansprüchen der Kunden besser gerecht. Der Partner erhält gezielte Unterstützungsleistungen, die ihm helfen, sein Geschäft zu entwickeln und auf die Zukunft auszurichten.

"WIR HABEN DAS WELTWEITE PARTNERPROGRAMM HELVETISIERT!" Thomas Hersche

ICTkommunikation: Wie hoch ist bei Sage eigentlich die allgemeine Kundenzufriedenheit? Was brennt den Anwenderunternehmen aktuell am meisten unter den Nägeln?

Thomas Hersche: Für mich gilt bei der Zufriedenheit: Gut ist nicht gut genug. Ein wichtiger Faktor für die Zufriedenheit ist gemäss unseren NPS-Befragungen die Erreichbarkeit des Supports. Hier haben wir stark investiert und arbeiten täglich daran, diesen weiter zu verbessern. Ich muss aber auch sagen, dass dies bei 300 Supportanfragen an Spitzentagen kein leichtes Unterfangen ist. Hier machen unsere Support-Mitarbeitenden wirklich einen tollen Job. Aktuell brennt unseren Kundinnen und Kunden vor allem das Thema Kurzarbeit unter den Nägeln. Um die Selbsthilfe für die Kunden bei Fragen langfristig zu verbessern, haben wir unser Online-Hilfe-Angebot ausgebaut und unsere Wissensdatenbank für alle geöffnet. Da, wo ich mit den Zufriedenheitswerten gerne hinmöchte, zeigt die gerade erschienene Umfrage von Software Reviews. Diese hat im Bereich Enterprise Resource Planning ergeben, dass wir mit unserem ERP-Produkt Sage X3 eine Weiterempfehlungsrate von 82 Prozent erzielen.

ZUR PERSON
Thomas Hersche ist seit 2017 bei Sage in führenden Management-Positionen tätig und verantwortet seit März 2020 als Country Manager a.i. das Schweizer Geschäft. Sage verfolgt die Vision, ein führendes SaaS-Unternehmen für Kunden, Business Partner und Mitarbeitende zu werden. Thomas Hersche will diese Vision und den damit verbundenen strategischen Fokus auf Innovation, Kunden- und Mitarbeitererfolg konsequent weiterverfolgen.