Trotz anhaltender Kritik und starker Bedenken mancherorts nehmen Unternehmen die Blockchain-Technologie ernst. In der jüngsten IDC-Umfrage erwarteten mehr als 50 Prozent der Unternehmen, dass Blockchain die digitale Transformation in den nächsten drei bis fünf Jahren vorantreiben wird. Laut Gartner erwarten oder planen rund 60 Prozent der befragten CIOs in den nächsten drei Jahren eine Blockchain-Implementierung. In einem Beitrag zum Stand der Blockchain-Technologie wirft Susan Galer von SAP einen Blick auf die Trends 2020 und versucht einen realistischen Blick auf disruptive Technologien zu vermitteln.

Galer schreibt sinngemäß, „vom Tod der Blockchain zu sprechen ist vor ihrem weit verbreiteten Einsatz stark übertrieben“. Vielmehr solle man akzeptieren, dass sie bald in unser aller Zukunft eine große Rolle spielen wird. (Disruptive Technologien werden Innovationen genannt, die eine etablierte, erfolgreiche Technologie, ein bestehendes Produkt oder Dienstleistung ersetzen oder diese vollständig vom Markt verdrängen). In Bezug auf Branchen, die Blockchain bereits implementiert haben oder planen, sie in den nächsten 12 Monaten einzusetzen, stellt Gartner fest, dass „Finanzdienstleistungen führend sind (18 Prozent), gefolgt von Dienstleistungen (17 Prozent) und Transport (16 Prozent). Blockchain ist für Einsatzszenarien wie der Aufzeichnung von Transaktionen aller Art, Prozessmanagement und allgemein in der Datenverwaltung für Unternehmen interessant.

Bei Forrester sahen Analysten, dass Unternehmen pragmatische und realistische Ansätze für Blockchain-Projekte verfolgen. Sie sind zwar noch nicht sehr zahlreich, werden aber durchaus ernsthaft Umgesetzt und sind keineswegs nur spekulative Proofs of Concept. Dabei steht die Interoperabilität im Mittelpunkt. Die Akteure in der Kette möchten verstehen, welche Art von Interaktivität zwischen den Teilnehmern und ihren Daten möglich ist. Infolgedessen prognostiziert Forrester einen verstärkten Fokus auf die Integration von Blockchain-Projekten in bestehende Systeme. Die Lieferkette ist das beliebteste Einsatzgebiet von Blockchain-Lösungen, wenn es darum geht, Umsatz zu generieren und Kosten zu senken. Denn hinter z.B. jeder Palette versendeter Produkte steht eine Vielzahl miteinander verflochtener Organisationen, darunter Hersteller, Händler, Logistikdienstleister und Einzelhändler. In der Vergangenheit haben sich Unternehmen bei der Verfolgung der Lieferungen auf fehleranfällige, umständliche papierbasierte Aufzeichnungen verlassen müssen, da sie nicht vernetzt waren.

"Zu wissen, wie viele Paletten gesendet wurden, reicht für moderne, globale Unternehmen bei weitem nicht aus", sagte Jose Prados, Entwicklungsexperte bei SAP. „Blockchain-Daten bieten jedem in Echtzeit eine automatische Übersicht darüber, welche Paletten wann und wo geliefert wurden. Unternehmen können diese Daten verwenden, um genauere und effizientere Zahlungen an Partner, einschließlich Lieferanten oder Logistikdienstleister, auszulösen. Sie könnten auch ein Lieferanten-Dashboard erstellen, um die Beschaffungsstrategien basierend auf den Rückrufen oder Zahlungsgewohnheiten der Hersteller zu optimieren. Außerdem können sie neue KPIs berechnen und neue Vorhersagemodelle mit genaueren Daten für eine fundiertere Planung erstellen. Dies gilt für jede Branche. “ IDC prognostizierte, dass 85 Prozent der weltweiten Containerschifffahrt per Blockchain verfolgt werden wird. 50 Prozent dieser Transporte werden bis 2023 blockchain-fähige, grenzüberschreitende Zahlungsmethoden verwenden. Die Analysten erwarteten, dass Unternehmen in diesem Zeitraum bis zu 11 Milliarden US-Dollar in Blockchain-Services (Beratung, Implementierung, Service und Support) investieren, mehr als ein Drittel davon für Managed Services.

Branchenbeobachter setzen große Hoffnungen auf die grundlegende Fähigkeit von Blockchain, mehr Vertrauen und Transparenz für Unternehmen zu schaffen. Analysten glauben, dass Blockchain die Möglichkeit hat, der Klebstoff für einige Probleme mit dem digitalen Vertrauen (digital trust) zu liefern. Bis 2023 soll Blockchain technisch skalierbar sein und sichere private Transaktionen mit der erforderlichen Vertraulichkeit der Daten ermöglichen. Auch sollen bis 2024 mehr als 75 Prozent der regulierten Unternehmen Blockchain zur Unterstützung künstlicher Intelligenz (KI) einsetzen. Blockchain kann überall dort gut geeignet sein, wo Daten sicher zwischen mehreren Teilnehmern geteilt werden müssen. Zu den potenziellen Szenarien gehörten die Bearbeitung von Schadensfällen für die Bereiche Automobil, Landwirtschaft, Reisen, Lebens- und Krankenversicherung sowie Produktrückrufe. Gartner hat auch Smart Cities in seine Liste der Anwendungsfälle aufgenommen, in denen Blockchain- und IoT-basierte Daten den „Peer-to-Peer-Energiehandel, die Verwaltung des Ladens von Elektrofahrzeugen, das Smart-Grid-Management und die Kontrolle von Abwassersystemen“ etc. unterstützten können.

Blockchain kann eine große Rolle beim Identitätsmanagement sowie bei der Zahlung und Abwicklung von Transaktionen spielen. Lizenzgebühren, Aktienabrechnungen, Interbankenzahlungen und gewerbliche Kredite sind nur einige Beispiele dafür. Die Technologie kann effektiv Identitätsbetrug bekämpfen und gefälschte Waren identifizieren, sie kann helfen, schnell herauszufinden, woher kontaminierte Lebensmittel stammen u.v.m. Das wird zwar nicht über Nacht geschehen, aber auf die eine oder andere Weise wird Blockchain ein Teil unserer Zukunft sein.