Die beiden Forscher Bernhard Fehlmann und Fabian Müller von der Universität Basel haben eine Konfrontationstherapie-App mitentwickelt, mit der Betroffene schrittweise lernen können, sich immer belastenderen Situationen auszusetzen und damit zurecht zu kommen. Die App soll dazu beitragen, die Angst vor Vorträgen abzubauen.

Die Anwendung, die sich noch im Prototyp-Stadium befindet, beinhaltet mehrere Stufen. Die Probanden tauchen dank VR-Brille (Virtual Reality), in die das Smartphone geschoben wird, in eine sehr realistische Umgebung ein. Sie sehen sich echten Räumen und echten Menschen gegenüber. "Das ist ein Vorteil gegenüber bisherigen Apps, die es zum Trainieren solcher Situationen auf dem Markt gibt", erklärte Fabian Müller gegenüber der Schweizer Nachrichtenagentur SDA. Meist würden Umgebungen und Avatare eingesetzt, die wenig realistisch wirkten.

Mit ihrer Studie wollen die Forschenden wissenschaftlich überprüfen, ob eine Konfrontationstherapie in der virtuellen Realität gegen Vortragsangst wirkt. Rund 100 Studienteilnehmende würden die beiden Mitarbeitenden aus der Forschungsgruppe von Dominique de Quervain gerne rekrutieren und suchen noch nach Probanden. Derzeit befänden sie sich noch in der ersten Phase ihrer Studie. Fast täglich durchlaufen Probanden demnach eine Art Parcours in der Abteilung für Kognitive Neurowissenschaften.

Nach einem Eingangsinterview, bei dem Probanden mit einer klinisch relevanten Angststörung ausgeschlossen werden, bekommen die Teilnehmenden eine Themenliste und einige Minuten, um sich vorzubereiten. Die Aufgabe: Spontanvortrag vor einer Jury - in der Realität. Dabei messen die Forschenden anhand verschiedener Körpersignale die Nervosität der Probanden, unter anderem über das Stresshormon Cortisol im Speichel. Danach geht es in die virtuelle Realität. Es geht einfach los: Ein kleiner Seminarraum und nur wenige Zuhörer, die einen neutral anblicken, während man sich kurz vorstellt. Dann steigt jedoch der Schwierigkeitsgrad. Der Raum füllt sich, die Zuhörer schauen immer unfreundlicher. Auf den nächsten Stufen ändert sich die Situation. Grösserer Raum, mehr Zuhörer, mehr unfreundliche Blicke, unangenehm dichtes Gegenüber mit den Personen, vor denen man sprechen soll.

Ein Teil der Probanden bekommt das Equipment mit nach Hause und soll zwei Wochen üben, der Rest kommt als Kontrollgruppe auf eine Warteliste. Danach durchlaufen alle Probanden eine zweite Runde im Parcours. Bis im Herbst wollen Fehlmann und Müller alle Daten gesammelt haben und hoffen, durch Vergleich mit der Kontrollgruppe einen Effekt des Trainings mit der App nachweisen zu können. Sollte sich die Methode bewähren, könnte das Interesse gross sein. Allerdings soll die VR-App nicht als Therapie-Ersatz dienen, betont Bernhard Fehlmann. "Wer an einer klinisch relevanten Form von Vortragsangst leidet, sollte sich von Fachleuten beraten lassen."