Amazon: Day 1 Tower in Seattle (Bild: Wikipedia/ Adamajreynolds/ CC)

Genau vor 25 Jahren, im Juli 1994, ist Amazon.com, Inc., vom Informatiker Jeff Bezos gegründet worden. Am Beginn stand der Versand von Büchern. Doch längst durchdringen die Dienste von Amazon den Alltag von Wirtschaft und Gesellschaft. Kritik gibt es regelmässig an den Arbeitsbedingungen.

Die ursprüngliche Idee eines elektronischen Buchgeschäfts entstand zusammen mit dem Investor David E. Shaw, als Bezos in dessen Finanzunternehmen D.E. Shaw & Co arbeitete, wo er es bis zum Vizepräsidenten bracht. Als Vizepräsidenten der Investmentbank stand ihm zwar die Finanzwelt offen, doch Bezos war fasziniert vom Internet und er hatte eine grosse Vision. Zusammen mit seiner damaligen Ehefrau MacKenzie traf er eine gewagte Entscheidung und tauschte sein Büro in einem New Yorker Wolkenkratzer gegen eine Garage in Seattle. Hier setzt die Geschichte von Amazon an, dem grössten Online-Händler der Welt.

"Unsere Vision ist es, das kundenorientierteste Unternehmen der Welt zu sein, wo Menschen alles finden können, was sie im Internet kaufen wollen", lautet Bezos' Leitbild für Amazon. Davon war er anfangs allerdings noch weit entfernt: Am 5. Juli 1994 gründeten Jeff und MacKenzie Bezos einen Online-Buchhandel. Das Unternehmen hiess zunächst Cadabra, wurde jedoch rasch in Amazon umbenannt. Laut der Bezos-Biographie "Der Allesverkäufer" von 2013 klang Cadabra zu sehr nach Kadaver.

Auf Wikipedia allerdings heisst es dazu, dass Bezos sein Unternehmen ursprünglich Relentless nennen wollte (englisch für "unbarmherzig", "unerbittlich", "gnadenlos"); Freunde sollen ihm jedoch davon abgeraten haben. Die Website www.relentless.com jedenfalls ist noch immer Amazon zugeordnet.

Nach rund einem Jahr Anlaufzeit wurde dann am 16. Juli 1995 das erste Buch an einen externen Kunden verkauft, ein mehr als 500 Seiten dicker Wälzer über das Denken. Es handelte sich um Douglas R. Hofstadters Werk Fluid Concepts and Creative Analogies: Computer Models of the Fundamental Mechanisms of Thought. Hofstadter ist ein US-amerikanischer Physiker, Informatiker und Kognitionswissenschaftler. Bezos lud 300 Freunde und Bekannte ein, seine Schöpfung zu testen. In den ersten vier Wochen verschickte das Unternehmen Bücher an Kunden in allen 50 US-Bundesstaaten und in mehr als 45 weitere Länder, im zweiten Monat lag der wöchentliche Umsatz bereits über 20.000 US-Dollar.

Im Oktober 1995 öffnete sich die Plattform mit der URL amazon.com der breiten Öffentlichkeit. Heute ist ein Exemplar von Hofstadters Buch am Eingang des Amazon-Hauptgebäudes in Seattle ausgestellt. Was mit Büchern begann, entwickelte sich über die Jahre zum grössten Internetkaufhaus der Welt. Heute ist Amazon noch viel mehr als das und hält mit seinen Cloud-Services, die etwa Startups IT-Anwendungen und Speicherplatz im Netz bieten, unzählige Firmen am Laufen. Mit Whole Foods betreibt der Konzern zudem seine eigene US-Supermarktkette.

Und Bezos Erfolgshunger scheint noch lange nicht gesättigt: Im Streaming-Geschäft versucht Amazon mit seinem Prime-Dienst Marktführer Netflix Konkurrenz zu machen. Mit dem Aufbau einer eigenen Lieferlogistik setzt der Konzern Paketzusteller wie UPS, Fedex oder DHL unter Druck. Niemand weiss so recht, welche Branchen Bezos als nächstes aufmischen wird. Anfang Juni erst führte Amazon eine Lieferdrohne vor, die bereits in einigen Monaten die ersten Pakete zustellen soll. Das vollautomatische und vollelektrische "Prime Air"-Fluggerät soll zunächst testweise kleinere Haushaltswaren wie etwa Zahnpasta oder Rasierer bringen.

An der Börse hatte der rasant expandierende Bezos-Konzern wegen chronisch roter Zahlen lange Zeit einen schweren Stand. Doch seit Bezos zuverlässig Gewinne liefert, ist er zum Liebling der Wall Street geworden. Im ersten Quartal liefen die Geschäfte prächtig: Dank des florierenden Internethandels und boomender Cloud-Dienste wuchs der Überschuss im Jahresvergleich um überraschend starke 125 Prozent auf 3,6 Milliarden Dollar (3,2 Mrd Euro) - so viel verdiente Amazon noch nie zuvor in einem einzelnen Vierteljahr.

Jeff Bezos - der "Dagobert" der realen Welt

Im September 2018 gelang es Amazon als zweiter Aktiengesellschaft nach dem iPhone-Giganten Apple, zeitweise die magische Marke von einer Billion Dollar beim Börsenwert zu knacken. Der Konzern war damit mehr wert als die zwölf grössten Dax-Unternehmen zusammen. Im Frühjahr folgte ein Ritterschlag von US-Staranleger Warren Buffett, dessen berühmte Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway erstmals Amazon-Aktien kaufte. Der 88-Jährige Börsen-Guru hatte Bezos zuvor schon in höchsten Tönen gelobt. Was dieser mit seinem Konzern geschafft habe, "komme einem Wunder nah".

Für Amazon-Gründer Bezos zahlt sich der Ansturm der Anleger auf sein Unternehmen auch persönlich aus, da er der grösste Aktionär ist. Seit Jahren dominiert der 55-Jährige deshalb die Reichenlisten. Dem "Bloomberg Billionaires Index" zufolge beträgt sein Vermögen derzeit rund 120 Milliarden Dollar. Damit blieb er trotz einer teuren Scheidung von MacKenzie, durch die diese Aktien im Wert von aktuell knapp 40 Milliarden Dollar erhielt, der reichte Mensch der Welt.

Abseits der Börse hat Amazon jedoch längst nicht nur Fans. Wegen umstrittener Arbeitsbedingungen gibt es immer wieder Kritik, zudem wird dem Konzern vorgeworfen, mit seiner grossen Marktmacht und seinen Niedrigpreisen den Buch- und Einzelhandel zu zerstören. Amazons mächtigster Feind sitzt im Weissen Haus. US-Präsident Donald Trump schiesst immer wieder gegen den Konzern, den er unter anderem für die Finanznöte der US-Post verantwortlich macht. Als Hauptgrund für Trumps Argwohn gilt jedoch eher, dass er mit der legendären Zeitung "Washington Post" auf Kriegsfuss steht, die häufig kritisch über ihn berichtet. Das Blatt befindet sich seit einigen Jahren im Privatbesitz von Bezos.

Die Entwicklung der Geschäfts- und Mitarbeiterzahlen von Amazon 2004 bis 2018 (Tabelle: Wikipedia)
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Amazon machte ihn zum reichsten Mann der Welt: Jeff Bezos (Bild: Amazon)
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Wie Dagobert Duck liebt es Jeff Bezos, im Geld zu schwimmen (Bild: Archiv)
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