Die Energieeffizienz neuster Rechnertechnologien wird kontinuierlich verbessert. Das zeigt sich auch exemplarisch am 'Piz Daint' (im Bild), der mehrfach mit effizienteren Prozessor-​Generationen ausgebaut wurde. (Bild: CSCS)

Der Begriff "Hochleistungsrechner" birgt hohen Energiebedarf bereits in sich – hohe Leistung braucht entsprechend Energie. Energieeffizienz ist bei der Beschaffung und Nutzung der Rechner am Nationalen Hochleistungsrechenzentrums der Schweiz (CSCS) deshalb ein zentrales Thema – wie bereits bei der Planung des Neubaus in Lugano vor mehr als einem Jahrzehnt.

Das CSCS entwickelt und betreibt eine Infrastruktur für Hochleistungsrechner und Datenforschung, die die Wissenschaft in der Schweiz – so auch die Forschung am Cern und dem Paul Scherrer Institut (PSI) – auf höchstem Niveau unterstützt. Hochleistungsrechner und die auf ihnen durchgeführten Simulationen sind für die Forschung unentbehrlich, wo die Theorie an ihre Grenzen stösst, oder Experimente nicht möglich sind. Weder das Universum noch das Klima lassen sich im Labor reproduzieren und erforschen. Auch bei der Suche nach neuen, stabilen Materialverbindungen, etwa für effiziente Sonnenkollektoren, elektronische Bauteile oder Medikamente unterstützen Simulationen die Experimentalforscher oder ermöglichen neu sogar externe Vorhersagen von biologischen Prozessen, die erst danach im Experiment gezeigt werden konnten.

Hohe Energieeffizienz bei den Rechnern

Mit dem Hochleistungsrechner "Piz Daint" beschaffte das CSCS 2012 einen der zum damaligen Zeitpunkt weltweit energieeffizientesten Rechner der Petaflop-Leistungsklasse (ein Rechner, der eine Billiarde Rechenoperationen pro Sekunde durchführen kann). Eine Co-design-Initiative, in der das CSCS eng mit Hardware-Herstellern, Softwareentwicklern, Mathematikern und Wissenschaftlern zusammenarbeitet, hat dies ermöglicht. Das CSCS hat im Rahmen der vom ETH-Rat lancierten Hochleistungsrechnen- und Vernetzungsstrategie (HPCN-Strategie) die Platform for Advanced Scientific Computing (PASC) ins Leben gerufen, bei der es einerseits darum geht, in Zusammenarbeit mit den Hardwareherstellern energieeffiziente Hardware wie Graphikprozessoren (GPU) einzusetzen und damit moderne energieeffiziente Rechnerarchitekturen zu bauen. Andererseits werden die Codes und Algorithmen der von den Forschenden verwendeten Software so auf diese modernen Computerarchitekturen optimiert, dass sie diese effizient nutzen und so schneller zum Ziel kommen als auf herkömmlichen Supercomputern – das spart nicht nur Zeit, sondern auch Energie.

Die Energieeffizienz neuster Rechnertechnologien wird kontinuierlich verbessert. Das zeigt sich auch exemplarisch am "Piz Daint", der mehrfach mit effizienteren Prozessor-Generationen ausgebaut wurde: Seit 2013, als die zwei Mal pro Jahr publizierte Green 500 Liste der weltweit energieeffizientesten Rechner eingeführt wurde, ist der Supercomputer deshalb insgesamt fünf Mal unter den Top Ten zu finden. Im November 2016 war er sogar an zweiter Stelle der weltweit energieeffizientesten Rechner gelistet. Auch mit "Alps", der 2023 in Betrieb genommen werden soll, wird das CSCS die Energieeffizienz der Rechenleistung um ein vielfaches steigern, da er aufgrund neuer Technologien für die Rechenoperationen weniger Energie braucht: Bereits heute gibt es ähnliche Systeme wie "Alps", die in der Lage sind bis zu fünf Mal mehr Rechenoperationen pro Watt durchzuführen als bisherige Technologien. "Alps" wird damit voraussichtlich erneut einen weltweiten Spitzenplatz bei der Energieeffizienz im Supercomputing einnehmen.

CO2-neutraler Strom

Der Strombedarf des CSCS wird zu 100 Prozent aus Wasserkraft bezogen und ist CO2-neutral. Der Energieverbrauch der gesamten CSCS, belief sich 2021 auf rund 37 Gigawattstunden bei einer mittleren Leistung von ungefähr 4 Megawatt. Zum Vergleich: Die Forschungsanlagen Cern und PSI haben laut jüngsten Medienmeldungen einen Strombedarf von 1300 Gigawattstunden respektive 126 Gigawattstunden.

Neben "Piz Daint" betreibt das CSCS den Rechner der Meteo Schweiz, den "Blue Brain" Rechner und weitere Systeme, die im Auftrag von Partnern am CSCS betrieben werden. Ausserdem hostet das CSCS den ETH-Rechner Euler. Die im Auftrag betriebenen Systeme machen ca. 35 Prozent des Gesamtenergiebedarfs des CSCS aus. Für den Materialforschungsverbund (MARVEL), die Universität Zürich und das PSI stellt das CSCS zudem Rechnerkapazitäten auf "Piz Daint" und später auch auf "Alps" bereit.

Hohe Effizienz auch bei der Infrastruktur

Die sorgfältige Planung machte das CSCS zum Zeitpunkt seiner Eröffnung im August 2012 und bis heute mit einem PUE (Power Usage Effectivness) unter 1.2 zu einem der weltweit energieeffizientesten Rechenzentren. Der PUE-Wert gibt an, wie effektiv die zugeführte Energie in einem Rechenzentrum verbraucht wird. Je näher sich der Wert an 1.0 annähert, desto energieeffizienter ist das Rechenzentrum. Auch zehn Jahre nach dem Neubau in Lugano streben Neubauten von Rechenzentren in der Regel nach wie vor "nur" einen PUE unter 1.2 an. So auch die ETH Zürich, die derzeit ein Rechenzentrum auf dem Campus Hönggerberg plant.

Seine Energieeffizienz verdankt das Rechenzentrum vor allem seiner ausgeklügelten und innovativen Kühlung mit Seewasser aus dem Luganer See. Die Kühlungsinfrastruktur ist darauf ausgerichtet, in einem ersten Kühlkreislauf Hochleistungsrechner mit einer Leistung von bis zu 14 Megawatt – Forschungsinfrastrukturen wie "Piz Daint" oder seinen Nachfolger "Alps" – zu kühlen. Über diesen Kühlkreislauf wird zudem wird im Sommer auch das externe Minergie zertifizierte Bürogebäude des CSCS gekühlt.

Nach dem ersten Kühldurchlauf ist das dabei erwärmte Wasser im zweiten Kreislauf noch in der Lage, Rechner mit einer Gesamtleistung von bis zu 7 Megawatt zu kühlen. Der zweite Kreislauf kühlt hierfür unter anderem die Luft von Gehäusen – sogenannte Kühlinseln –, in denen diese kleineren Systeme und Datenspeicher untergebracht sind.

Beheizt wird das CSCS mit der Abwärme des Rücklaufs des zweiten Kühlkreislaufes zusammen mit einer Wärmepumpe. Der Heizungsvorlauf ist mit 30 Grad Celsius niedrig. Für die Beheizung im Winter und Kühlung im Sommer wird im Bürogebäude ein und dieselbe Infrastruktur genutzt.

Energie mehrfach nutzen

Um den Energiebedarf so gut wie möglich zu optimieren und die genutzte Energie wo möglich noch weiter zu verwenden, hat das CSCS in den vergangenen Jahren weitere innovative Massnahmen getroffen: Bevor das Wasser, zurück in der Pumpstation, wieder in den See eintritt, treibt es zwei Mikroturbinen zur Stromproduktion an. Der von der Turbine erzeugte Strom deckt mit 200 Megawattstunden pro Jahr über 30 Prozent des Energiebedarfs der Pumpe ab, die das Wasser über eine Distanz von 2,8 Kilometern und 30 Meter bergauf ins Rechenzentrum pumpt.

Die Abwärme der Rechner wird nicht nur zum Heizen des CSCS-Bürogebäudes genutzt. Gemeinsam mit dem Tessiner Elektrizitätslieferant AIL (Aziende Industriali Lugano) wurde eine Infrastruktur aufgebaut, die die Stadt Lugano sowie den neuen Campus der Università della Svizzera italiana mit der Fachhochschule SUPSI mit Wärme versorgt. Der Campus nutzt pro Jahr rund 742 Megawattstunden Wärmeenergie zum Heizen der Gebäude. Die AIL baut derzeit zudem ein Wärmekraftwerk, dass es ermöglicht, aus der Abwärme des CSCS weitere sechs Megawatt Wärmeleistung zu produzieren. Die Wärmeleistung kann in Kombination mit Wärmepumpen auf bis zu 30 Megawatt gesteigert werden. Grundsätzlich ist der Betrieb der Hochleistungscomputer eingebettet in eine durchdachte und nachhaltige Energiestrategie.
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CSCS: Mikroturbinen zur Energierückgewinnung (Foto: CSCS)
CSCS: Mikroturbinen zur Energierückgewinnung (Foto: CSCS)