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Die Abacus Finanzsoftware unterstützt in der Version 2017 den De-facto-Standard XBRL und ermöglicht damit die elektronische Bilanzerstellung. Ausserdem bringt die Ostschweizer ERP-Schmiede mit Abaninja ein Open-Source-basiertes kostenloses Online-Rechnungserstellungswerkzeug auf den Markt.

Laut einer von der EPFL veröffentlichten Studie, hinkt die Schweiz punkto Digitalisierung im internationalen Vergleich hinterher. Ein Umstand, an dem sich etwa die in Wittenbach bei St. Gallen domizilierte Softwareentwicklerin Abacus massgeblich stösst. So monierte Claudio Hintermann, CEO des Ostschweizer Unternehmens, im Rahmen einer Medienkonferenz in Zürich, dass sich die Schweiz speziell in Sachen E-Rechnung noch gleichsam im Mittelalter befände. Die Unternehmen würden heute mit Banken, Kunden, Buchhaltern und Lieferanten mittels PDF kommunizieren. Also mit unstrukturierten Daten, die nicht maschinell lesbar seien. Es fehle hierzulande an einem allgemein gültigen Standard für E-Invoicing, kritisiert der Abacus-Chef. Um diesem Manko zu begegnen, haben die Wittenbacher nun zwei Neuheiten vorgestellt.

Elektronisch Bilanzen erstellen

So hat Abacus hat für die nächste Version V2017 ihrer Finanzsoftware eine Funktion entwickelt, mit der sich erstmals Bilanzen elektronisch so erstellen lassen, dass sie bei den Banken zur Kreditvergabe automatisch weiterverarbeitet werden können. Wobei zur E-Bilanz die Bilanz, die Erfolgsrechnung, Anhang und Gewinnverwendung sowie weitere Unternehmensangaben zählen. Vor dem elektronischen Weiterversand der vom Treuhänder zusammengestellten relevanten Zahlen in einer für die Banken maschinenlesbaren Struktur werden diese gemäss den Abacus-Angaben ins Datenformat XBRL umgewandelt. Das sorge dafür, dass die zur Bonitätsprüfung bisher nötige manuelle Datenerfassung seitens der Bank entfalle, da alle relevanten Zahlen automatisch in die Analysesoftware eingelesen werden könnten. Der De-facto-Standard für diesen Informationsaustausch ist XBRL. Er findet in Deutschland bereits für die Einreichung des Jahresabschlusses ans Finanzamt Verwendung. Die Schweizer Ausprägung der E-Bilanz mit der OR-Taxonomie gemäss Schweizer Rechnungslegung werde damit erstmals von der Abacus Finanzsoftware in der Version 2017 unterstützt, heisst es.

Die drei grossen Schweizer Buchprüfungs- und Treuhandunternehmen BDO, OBT und PwC hätten bereits ihre Bereitschaft signalisiert, den Banken E-Bilanzen elektronisch zur Verfügung zu stellen, sofern Kunden dafür ihre Einwilligungen geben, betont Abacus. Dank den auf dem Markt frei erhältlichen XBRL-Werkzeugen seien prinzipiell alle Schweizer Banken befähigt, E-Bilanzen einzulesen und selber weiterzuverarbeiten. Zur Verbreitung des XBRL-Datenformats konnte Abacus bereits eine Kooperation mit der Raiffeisen besiegeln. Weitere Banken sollen folgen.
Zur Forcierung der Digitalisierungspläne hat sich Abacus auch personell verstärkt. So sind mit Freddy Kaiser und Adrian Humbel zwei bekannte IT-Kaliber von Swisscom zu den Wittenbachern gestossen. "Mit der E-Bilanz im XBRL-Format gehen wir nun in die praktische Umsetzung der Digitalisierung in Bezug auf den papierlosen Austausch von Finanzinformationen zwischen KMU, Treuhändern und Finanzinstituten", betont Claudio Hintermann.

E-Rechnungen kostenlos erstellen

Da es in der Schweiz an einem E-Invoicing-Standard mangelt, orientiert sich Abacus an „ZUGFeRD“ (Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland) und hat auf dieser Basis Abapay entwickelt, das zu Beginn dieses Jahres lanciert wurde. Da aber die kritische Masse fehlt, um Zugferd zu etablieren, hat Abacus mit Abaninja nun ein Onlineportal für KMU, Vereine und Startups präsentiert, das die digitale Abwicklung des Datenaustausches zwischen Kunden und Lieferanten ermöglichen soll und für alle zur Verfügung stehe, egal ob Abacus-Anwender oder nicht. Mit Abaninja, das auf dem israelischen Open-Source-Projekt Ninja aufsetzt, sollen Dokumente im Business-Kreislauf zwischen den verschiedenen Marktteilnehmern rasch, unkompliziert und billig elektronisch miteinander ausgetauscht werden können, versprechen die Ostschweizer. Manuelle Erfassungen von Rechnungen entfallen damit. Auf Wunsch könnten Rechnungen wie auch dafür eingehende Zahlungen automatisch im Finanzbuchhaltungsprogramm beim Treuhänder verbucht werden.
Damit auch eingehende und ausgehende Zahlungen vollautomatisiert verarbeitet werden können, wird Abaninja laut Mitteilung zukünftig das E-Banking der Raiffeisenbank unterstützen. Dazu haben Raiffeisen und Abacus auch in diesem Bereich eine strategische Partnerschaft besiegelt.

Das Fakturierungstool Abaninja soll im Verlaufe des Juni in einer Beta-Version und ab Ende September allgemein verfügbar werden. Für bis zu 500 Rechnungen, 500 Artikel und 500 Kunden pro Jahr lässt sich das Werkzeug kostenlos nutzen. Die Fassung Abaninja Pro für bis zu 2000 Rechnungen, 2000 Kunden und 2000 Artikeln enthält auch Funktionen für die Serienfakturierung und Kreditorenverwaltung. Sie kostet acht Franken im Monat für den ersten Benutzer, alle weiteren sind kostenlos. Für die automatische Verbuchung der Transaktionen in die Finanzsoftware ist ein Abonnement beim Treuhänder notwendig.

Big-Data-Einstieg

Gelingt es Abacus, mit Abaninja ein breites Publikum zu erreichen, so könnte dies für das Ostschweizer Unternehmen, bedingt durch die beim Anmeldeprocedere anfallenden Daten, durchaus auch den Einstieg ins Big-Data-Geschäft ermöglichen.

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Rechnungserstellung mit Abaninja
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Das Abaninja-Dashboard (Bilder: Abacus)